Friedrich Merz: „Zirkuszelt“-Spruch löst massive Empörung aus

Öffentliche Stellungnahme zur Entwertung der Zirkuskunst durch Friedrich Merz und Sophie Koch
Mit seiner Aussage „Der Bundestag ist ja nun kein Zirkuszelt“ in der ARD-Talkshow Maischberger am 1. Juli 2025 hat Bundeskanzler und CDU-Vorsitzender Friedrich Merz nicht einfach eine lockere Bemerkung gemacht – er hat eine jahrhundertealte Kunstform pauschal als abwertendes Bild für mangelnde Seriosität und Unordnung benutzt.
Dass ausgerechnet der Regierungschef Zirkuskunst derart entwertet, ist nicht nur respektlos gegenüber Künstlerinnen und Künstlern – es verweist auf eine tief verwurzelte kulturelle Geringschätzung.
Diese Geringschätzung ist kein Zufall. Sie hat System – und Geschichte. In der Kulturpolitik unter Joseph Goebbels im Nationalsozialismus wurde Zirkuskunst gezielt an den Rand gedrängt. Sie galt nicht als schützenswerte Kunstform, sondern als „niedere Unterhaltung“, als nicht staatswürdig. Diese ideologische Abwertung wirkt bis heute nach.
Während Zirkuskunst in Frankreich, Belgien, Italien oder Spanien als gleichwertiger Bestandteil der staatlich geförderten Kultur gilt, kämpfen wir in Deutschland noch immer um Anerkennung, Sichtbarkeit und strukturelle Unterstützung.
Besonders irritierend ist, wie auch Personen, die sich öffentlich für Vielfalt und Gleichberechtigung einsetzen, in dieselbe sprachliche Abwertung verfallen.
So sagte Sophie Koch, Queerbeauftragte der Bundesregierung (SPD), zur Aussage von Merz:
„Wenn die Regenbogenfahne die Fahne auf einem Zirkuszelt ist, was sind dann queere Menschen? Zirkustierchen, die sich zur Erheiterung des Publikums zum Affen machen?“
Was sagt das über das Zirkusbild aus, das in unserer Gesellschaft immer noch wirkmächtig ist?
Diese Formulierung ist nicht nur unglücklich – sie ist verletzend und entwürdigend für alle, die im Zirkus leben und arbeiten. Sie reproduziert genau das Zerrbild, das sie eigentlich infrage stellen müsste: den Zirkus als Ort der Lächerlichkeit, der Unwürdigkeit, der bloßen Belustigung.
Wir fragen zurück: Was sind wir in Ihren Augen?
Künstlerinnen, Künstler, Pädagoginnen, Pädagogen, Kulturträgerinnen, Kulturträger – oder Äffchen zur Belustigung?
Der Zirkus war schon immer ein Ort für vielfältige Menschen – queer, migrantisch, widerständig. Für viele war und ist er ein sicherer Raum, ein Raum der Anerkennung, der Selbstverwirklichung und der Vielfalt. Hier arbeiten Menschen mit Disziplin, Kreativität und Hingabe – mit Körper, Stimme, Haltung, Fantasie.
Wer diese Kunstform mit solchen Bildern abwertet, verkennt nicht nur ihre gesellschaftliche und künstlerische Bedeutung – sondern verletzt auch die Menschen, die im Zirkus leben, arbeiten und wirken.
Zirkus ist nicht das Gegenteil von Seriosität. Zirkus ist eine lebendige, diverse, ernstzunehmende Kunstform. Wer ihn lächerlich macht, hat nicht verstanden, was Kultur leisten kann.
Wir fordern:
1. Eine öffentliche Korrektur und Entschuldigung von Bundeskanzler Friedrich Merz für die abwertende Verwendung des Begriffs Zirkus.
2. Eine sachliche Klarstellung von Sophie Koch, die mit ihrer Wortwahl eine jahrhundertealte Kunstform abgewertet und entmenschlicht hat.
3. Eine überfällige kulturpolitische Anerkennung des Zirkus als eigenständige Kunstform in Deutschland – gleichwertig mit Theater, Tanz und Musik.
Zirkus ist nicht das Gegenteil von Demokratie – Zirkus ist gelebte Demokratie.
Zirkus ist nicht das Gegenteil von Seriosität – Zirkus ist gelebte Verantwortung.
Zirkus ist kein Schimpfwort. Zirkus ist Kunst. Zirkus ist Kultur. Zirkus ist Zukunft.
Roman von Dobbeler für den Zirkus Dobbelino
und die LAG Zirkus und die
Niedersachsen & Bremen e. V.
Mirjam von Dobbeler
für den Zirkus Dobbelino und die BAG Zirkuspädagogik e.V.
Henry Frank für den Circus Paul Busch und dem VDCU verband deutscher Circus Unternehmen und den Tierlehrer Verband

Veröffentlicht in News

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert