Corona und der Zirkus
Corona und der Zirkus
Wir leben in einer Zeit der digital vernetzten Medien; Nachrichten verbreiten sich rasch. Und so hat sich auch die traurige Kunde über den Tod von Claus Kröplin innerhalb der Circus-Szene in Windeseile ausgebreitet. Man kannte ihn ja allenthalben, schätzte seinen unermüdlichen Einsatz für die Interessen der Tierlehrer. Nicht allein die Fachwelt achtete sein sachkundiges Wissen. Zu Recht sah man in ihm den unermüdlichen Kämpfer, der sich jeder Diskussion stellte und auch keinem schriftlichen Disput aus dem Wege ging, wenn es darum ging, die Arbeit der Tierlehrer, die sich hierzulande auf ein regelndes Tierschutzgesetz berufen können, gegen ungerechtfertigte Angriffe zu verteidigen. Dies war eine Sache des Herzens für Claus Kröplin. Er war ein engagierter Tierfreund, gleichzeitig aber auch ein sensibler Mensch, der mit Kritik nicht zurückhielt, wenn er eine Tierhaltung für unzureichend hielt. Ebenso war es für ihn aber Ehrensache, die vielen Fortschritte und Optimierungen hervorzuheben, welche die Tierhaltung im Circus inzwischen erfahren hat. Es hatte seinen Grund, wenn Claus Köplin so sicher auftrat. Er war ein Mann der Praxis. Er hatte mit Tieren gelebt, war jahrzehntelang mit Circussen umhergereist, hatte Kenntnisse gesammelt bei erfahrenen Tierlehrern; er profitierte von diesem Wissensvorsprung gegenüber seinen Kritikern. Als Vorsitzender des Tierlehrerverbandes wandelte sich Claus Kröplin in seinen späten Lebensjahrzehnten zu einer Art Anwalt für den klassischen Circus mit Tieren. Er verfasste Schriftsätze, formulierte Eingaben, wurde bei Gericht zu Tierschutzfragen als Gutachter herangezogen und verhandelte beim Bundeslandwirtschaftsministerium in Bonn über die Ausgestaltung der Zirkusleitlinien. Solcherlei Aktivitäten lagen ihm, er hätte – unter einem anderen Stern des Schicksals – aufgrund seiner Fähigkeiten auch einen ganz anderen Lebens- und Berufsweg einschlagen können. Am 28.12.1935 wurde Claus Kröplin in Hamburg als Kind einer gutbürgerlichen Familie (Vater kaufmännischer Angestellter, Mutter Abteilungsleiterin in einer Zigarettenfabrik) geboren. Die Wirren der Kriegszeit trugen dazu bei, dass dem Jungen ein geregelter Schulbesuch verwehrt geblieben ist. Schon im kindlichen Alter half er in der Dressurschule in Hagenbecks Tierpark und wirkte dort im Kindercircus mit. Mit Pferden, Seelöwen, Elefanten und Exoten hatte er schon zu tun, bevor er bei Hagenbeck eine Lehre als Tierpfleger absolvierte und später im Tierpark die Betreuung der Menschenaffen übernahm. Von dort war es nur ein kleiner Schritt in die Welt des Circus. Tierliebe gepaart mit Abenteuerlust waren die Beweggründe für das Reiseleben, das für ihn nun seinen Anfang nahm. 1955 trat er mit Buntes Schimpansen im Circus Busch-Berlin (Dir. Oscar Hoppe) auf, später dressierte er eine Schimpansengruppe in England für Billy Smarts Circus. Dort lernte Claus Kröplin auch seine spätere Frau Marion kennen, die bei Smart im Luftballett auftrat. Nach der Hochzeit bauten sich beide eine eigene Schimpansennummer auf, die unter Hinzunahme von Pudeln und Tauben später zu einer reizenden Tierrevue erweitert wurde, aus der aber schließlich die Schimpansen aus Altersgründen herausgenommen werden mussten. Mit ihrer Tierrevue hatten die Kröplins zahlreiche Engagements überall in Europa und sogar in Japan. Allein beim Circus Roland (bzw. Busch-Roland) hat Claus Kröplin 15 Jahre verbracht. Er war hier nicht nur mit der Tierrevue engagiert (die er später durch seine Töchter Lilian und Nadja vorführen ließ), sondern war bei Busch-Roland zeitweise auch Tierschau-Chef sowie für Einkauf und Organisation zuständig. Während dieser vielen Jahre hatte Claus Kröplin die Haltung und Dressur aller möglichen Tiere studiert. Und die Elefanten seines Schwiegersohnes Sonni Frankello gehörten, überspitzt gesagt, ohnehin fast mit zur Familie. So war Claus Kröplin der richtige Mann, um vor 26 Jahren den Vorsitz einer von ihm mitbegründeten Interessengemeinschaft für Tierlehrer zu übernehmen. 1997 entstand daraus der Berufsverband der Tierlehrer. Mit Claus Kröplin an der Spitze hat sich dieser Verband erfolgreich für den Erhalt des klassischen Circus eingesetzt, und zwar für einen Circus mit domestizierten Tieren ebenso wie mit Tieren wildlebender Arten, gehalten nach modernen Erkenntnissen und daher ethisch auch vertretbar. Claus Kröplin war immer der „Motor“ und die Seele dieses Verbandes, der als sein Lebenswerk anzusehen ist. Das wusste auch die GCD zu schätzen. Sie ehrte ihn mit ihrer höchsten Auszeichnung, dem Ernst Renz-Preis. Nicht unerwähnt sei an dieser Stelle aber auch die humorvolle Seite des Wesens von Claus Kröplin. Als Leierkastenmann mit Rauschebart und Melone auf dem Kopf hat er in seinen späteren Jahren beim Hamburger Domfest oder auf dem Fischmarkt viel Spaß verbreitet. Stets einen lustigen Spruch auf den Lippen, sahen viele in ihm ein Hamburger Original. Was den Tierlehrerverband betrifft, so hat Claus Kröplin aus Alters- und Gesundheitsgründen 2015 erstmals auf eine weitere Kandidatur für den Vorstand verzichtet. Der Verband existiert in seinem Sinne aber weiter, und Claus Kröplin blieb bis in seine letzten Lebenswochen hinein ein wertvoller Berater. Doch seine Kräfte ließen nach; immer häufiger war er an das Krankenlager gebunden. Nun ist er am späten Abend des 20. Februar in der Agaplesion Klinik in Hamburg gestorben – im 83. Jahr seines bewegten Lebens. Wir werden sein Andenken in Ehren halten. Unsere herzliche Anteilnahme gilt seiner Familie, die immer treu zu ihm gestanden hat. Lieber Claus, Du hattest Ideale und hast für sie gekämpft, gradlinig und unermüdlich, wie es Deine Art war. Die Circuswelt verdankt Dir viel. Ich persönlich habe mit Dir einen guten und verlässlichen Freund verloren. Ruhe in Frieden.
Klaus Lüthje – Circuszeitung
Am Freitag, dem 16. März 2018, haben wir Abschied genommen von Claus Kröplin auf dem Elefantenhof in Platschow und auf dem nahen Dorffriedhof, wo Claus seine letzte Ruhestätte gefunden hat. Es war eine würdevoll gestaltete Feierstunde im Spielzelt des Elefantenhofes. Sonni Frankello hat am Mikrofon sehr passende Worte gefunden und die Lebensstationen von Claus in Erinnerung gerufen. Danach sprach der Pfarrer eine tröstende Predigt. Es liefen kurze Filmausschnitte aus dem Leben von Claus Kröplin. Im Hintergrund das große Bildnis samt dem Leierkasten ließ Claus Kröplin wie gegenwärtig erscheinen. Ganz spontan erhob sich ein letzter Applaus. Er galt der Lebensleistung des Verstorbenen. Bei Kälte und eisigem Wind setzte sich der Trauerzug in Bewegung das kurze Stück Chaussee entlang hin zu dem nahe gelegenen Dorffriedhof – der Leierkasten spielte „Oh, mein Papa…“ dazu. Unter den Trauergästen sah man Dieter Farell sowie Urs Pilz und Frank Keller vom Circus Krone, Dieter Seeger vom Zirkus Charles Knie , Bodo Hölscher (ehemals Circus Fliegenpilz) und andere namhafte Leute aus der Circuswelt. Helmut Grosscurth war als Vertreter der ECA und der GCD anwesend, sowie Jochen Träger-Krenzola als Vertreter vom Tierlehrerverband.,. Unser herzlicher Dank gilt der Familie Kröplin-Frankello für den ergreifenden Abschied mit sehr viel Würde, den sie Claus Kröplin bereitet hat. Er möge in Frieden ruhen.
Klaus Lüthje
250 Jahre Tiere im Circus – eine lange Tradition
Tierdressuren waren im Circus seit seinem Beginn vor 250 Jahren ein fester Bestandteil der Programme, allein aus dem Grund heraus, dass der Circus aus den Vorführungen der Kunstreiter entstand. Die Pferdedarbie¬tungen unterschiedlicher Art dominierten bis zum Ende des 19. Jh. die Circusprogramme, doch gab es seit seiner Entstehung auch immer andere Tierdressuren im Circus, so Affen bei Astley, einen Elefanten und Hirsch bei Franconi in Paris und Raubtiere und Exoten bei Renz.
Mit der Entwicklung der Seefahrt Ende des 18. Jh. nahmen der Tierhandel und die gesamte Tier-dressur einen Aufschwung, als zahlreiche exotische Tiere nach Europa gebracht wurden. Es begann die große Zeit der Wander¬menagerien, die diese Tiere zur Schau stellten und zum Teil auch abrichteten.
In den Menagerien wurden die Dressuren in einem Käfig vorgeführt und beschränkten sich auf eher bescheidene Tricks. Auch im Circus wurden die Raubtiere anfangs in einem Wagenkäfig präsentiert, der in die Manege geschoben wurde. Erst die Einführung des Zentralkäfigs durch Wilhelm Hagenbeck ermöglichte eine größere Vielfalt und vor allem Weiterentwicklung der Dressurtricks von Raubtieren. Die Dressurschule der Hagenbecks sorgte auch dafür, dass die humane Dressurmethode sich durchsetzte, die auf Erkenntnissen der Tierpsychologie über das Verhalten und die Individualität der Tiere beruht. Dressur ist diszipliniertes Spiel, das Tier lernt durch positive (Belohnung) wie negative Erfahrungen (Zurechtweisung), welche Aktionen und Verhaltensweisen auf welche Zeichen hin von ihm erwartet werden. Eine artgerechte Haltung (in Befolgung der „Leitlinien für die Haltung, Ausbildung und Nutzung von Tieren in Zirkusbetrieben“) und Dressur vorausgesetzt, können die Zuschauer im Circus mit Genuss die Schönheit, Intelligenz und Geschicklichkeit der Tiere sowie das Vertrauensverhältnis zwischen Tierlehrern und Tieren bewundern. Außerdem wird mit der Aus¬bildung der Circustiere ihre körperliche wie psychische Verfassung gefördert. Das Kennenlernen der Tiere in Aktion wiederum befördert bei den Zuschauern die Bereitschaft, diese Tiere schützen zu wollen, dient also fraglos dem Tierschutz.
Im Circus waren und sind die unterschiedlichsten Tiere anzutreffen. Die Dominanz der Pferde wurde mit dem Beginn des 20. Jh. durch eine große Vielfalt von Dressurdarbietungen abgelöst. Viele Direktoren präsentierten sich nun in der Manege nicht nur mit der Vorführung edler Rassepferde sondern auch mit Elefanten, Raubtieren und Exoten. In der Gegenwart sind durch Einschränkungen in der Einfuhr von Tiere, Vorführverbote, wachsende Schwierigkeiten mit Circusplätzen, steigende Kosten und nicht zuletzt die Angriffe durch militante Tierrechtler , Tiere als traditioneller Bestandteil der Circusprogramme erheblich zurückgegangen. Gleichzeitig werden Haustiere wie Kühe, Schweine, Ziegen etc. von vielen Zuschauern als „exotisch“ empfunden, weil sie keine Beziehung mehr dazu haben. Haustiernummern werden vielleicht zukünftig einen größeren Raum einnehmen, während Raubtiere, Elefanten und Exoten nur noch selten anzutreffen sein werden. Trotzdem wäre es aber ein großer Verlust für die Circuskunst, wenn diese Tierarten völlig aus den Vorführungen verschwinden würden, von einer völligen Abkehr von Dressurdarbietungen ganz zu schweigen. Der Circus zeigt sich heute in verschiedensten Erscheinungsformen, der traditionelle Circus mit Tieren wird aber sicher eine der beliebtesten Formen bleiben – nicht nur für Kinder sondern alle Tierfreunde.
Gisela Winkler
Der Trend geht weiter:
https://www.igb.info/nachrichten/stadt-hat-keine-handhabe-tierschutz-ist-bundesrecht-1184585
Wieder eine Stadt von dem rechtswidrigen Wildtierverbot befreit. Wieder zeigt es sich: Zusammenhalt macht stark!